Biographie

Theodor Lessing arbeitete an der hiesigen Technischen Hochschule als Privatdozet für Philosophie. Im April 1925 erschien seine legendärere Charakterstudie über Paul von Hindenburg im Prager Tagblatt, vor dessen Wahl er die Deutschen eindringlich warnte: “Nach Plato sollen die Philosophen Führer der Völker sein. Ein Philosoph würde mit Hindenburg nun eben icht den Thronstuhl besteigen. Nur ein repräsentatives Symbbol, ein Fragezeichen, ein Zero. Man kann sagen: Besser ein Zero als ein Nero”. Leider zeigt die Geschichte, daß hinter einem Zero immer ein künftiger Nero verborgen steht.

Die hier nachzulesene Biographie ist eine Hausarbeit aus dem 3. Semester meines Geschichtsstudiums an der Universität Hannover. Der unten stehenden Einleitung folgen chronologisch die weiteren Kapitel.

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Lebensweg eines Unbequemen

Einleitung

Seit seiner Jugendzeit war Theodor Lessing auf der Suche nach Anerkennung. Führte ihn der Weg an seinem Geburtshaus in der Georgstrasse vorbei, träumte er sich gerne in ein ruhmreiches Leben und befand, „daß sich eine Gedenktafel für meine Person an dieser Stelle recht gut ausnehmen werde“. Hannover war sein Leben. Hier wurde er 1872 geboren, hier wuchs er auf und ging zur Schule. Nach der Studienzeit und einigen Wanderjahren durch Europa kehrte er 1907 als Philosophieprofessor in seine Heimatstadt zurück, die fortan Mittelpunkt seines privaten wie beruflichen Lebens werden sollte. Neben seiner Tätigkeit als Dozent an der TU Hannover publizierte er eigene Werke, schrieb für verschiedene Zeitungen Feuilletons und Theaterkritiken.

Hannover hieß aber auch die Stadt, die seinen allmählichen Untergang besiegelte, indem sie Lessing dem aufkeimenden Nationalismus opferte. Was mit den verbalen Reaktionen auf seine Berichterstattung im Prozeß des Massenmörders Fritz Haarmann 1924 begann, fand seinen vorläufigen Höhepunkt in gewaltätigen Angriffen einiger Studenten und dem Ausschluß Lessings aus dem Lehrbetrieb der TU Hannover 1926. Am Tag der Reichspräsidentschaftswahl, dem 25. April 1925, hatte Lessing im "Prager Tagblatt" einen Artikel über den Kandidaten Paul von Hindenburg veröffentlicht, in dem er diesem geistige Unfähigkeit vorwarf und vor dem politischen Mißbrauch seiner Person warnte („leider zeigt die Geschichte, daß hinter jedem Zero ein zukünftiger Nero verborgen steht“). Der Aufschrei war an der traditionell eher konservativen TU besonders laut, und nach einem Jahr der Proteste, Störungen und tätlichen Angriffe auf Lessing, gab das Kultusministerium in Berlin dem Druck der Studenten nach und kündigte inoffiziell den Lehrauftrag Lessings zugunsten eines Forschungsauftrags auf.

Wer war dieser Mann, der mit seinen Überzeugungen zwar immer wieder aneckte und doch nie „Fliegenwedel“ sein wollte? Woraus erwächst Lessings moralische Glaubensstärke, die es ihm ermöglichte, seinen Lebensmaximen von Aufrichtigkeit und Verständigung gegen alle Angriffe und Drohungen bis zu seiner Ermordung im tschechischen Exil 1933 treu zu bleiben? Warum fanden das vielseitige Leben Theodor Lessings und seiner Werke bis heute nur wenig Beachtung? Welchen Stellenwert räumten die Universität und die Stadt Hannover dem „Fall Lessing“ in der Nachkriegszeit ein?

Diese Arbeit versucht, eine Antwort auf die Frage zu finden, und konzentriert sich dabei in besonderem Maße auf den Privatmann Theodor Lessing. Als Grundlage dienten die Lessing-Biographie von Reiner Marwedel, Lessings eigenständige Werke, die Schriftsammlungen von Jörg Wollenberg, Hans Stern und Reiner Marwedel sowie Orginaldokumente aus dem Stadtarchiv Hannover.

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